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Verkirch­li­chung des Staates?

16. April 1975
Datum: Mittwoch, 16. April 1975

1974 hat die Bayerische Staatsregierung das Konkordat erneuert und dabei der Katholischen Kirche noch mehr Einfluß im Bildungswesen verschafft. In Art. 3, § 5 des Bayerischen Konkordats heißt es: „Der Staat unterhält an den Universitäten Augsburg, Erlangen-Nürnberg, München, Passau, Regensburg und Würzburg sowie an der Gesamthochschule Bamberg in einem für das. erziehungswissenschaftliche Studium zuständigen Fachbereich je einen Lehrstuhl für Philosophie, für Gesellschaftswissenschaften und für Pädagogik, gegen deren Inhaber hinsichtlich ihres katholisch-kirchlichen Standpunktes keine Erinnerung zu erheben ist. Bei der Besetzung dieser Lehrstühle gilt § 2 entsprechend.“
Laut § 2 wird die „Erinnerung“ vom zuständigen Diözesanbischof erhoben. Es dürfen also auf diese Lehrstühle nur Bewerber berufen werden, deren Lehre und sittliches Verhalten den Bischöfen paßt! Nun sollen nicht zusätzliche Lehrstühle – Konkordatslehrstühle – geschaffen, sondern wie z. B: Anfang 1975 in Regensburg – bestehende Lehrstühle „umfunktioniert“ werden; dort ist vorgesehen, einen der beiden Soziologie-Lehrstühle in einen Konkordatslehrstuhl umzuwandeln.

Die GEW und der Ortsverband München der HU haben mit einer Flugblattaktion in Regensburg gegen diese Praktiken protestiert.
Sollte die Bayerische Regierung die Absicht, jede 3. freiwerdende Planstelle im Bildungssektor nicht mehr zu besetzen, verwirklichen, dann werden auf Dauer die „Konkordatslehrstühle“ im erziehungswissenschaftlichen Fachbereich dominieren. Als weitere Folge der Erneuerung der Kirchenverträge hat das Kultusministerium an den bayerischen Kolleg-Schulen (2. Bildungsweg; Tagesgymnasium für Erwachsene) das Fach Religion, ersatzweise Ethik (2 Wochenstunden) als Vorrückungsfach zu Lasten der musischen Fächer eingeführt.
Die Münchener Kollegiaten wehren sich gegen diese unsinnige Regelung, da man bei ihnen (Erwachsene, die bereits einige Berufsjahre hinter sich haben) eine weitgehend gefestigte religiöse und ethische Anschauung voraussetzen kann.

Der OV München unterstützt die Kollegiaten bei ihren Bemühungen, diese Regelung zu revidieren und hat bereits an einer öffentlichen Podiumsdiskussion dieses Themas teilgenommen. Die Vertreter des Kultusministeriums und des Erzbischöflichen Ordinariats sind zwar nicht erschienen, die Versammlung hat aber immerhin zu einer Solidarisierung eines erheblichen Teils der Kollegiaten geführt.

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