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Bericht "Kein Ort. Nirgends - Frauen auf der Flucht"

30. Januar 2003
Datum: Donnerstag, 30. Januar 2003

Flüchtlingsfrauen sind aufgrund ihres Geschlechtes in ihrer Heimat, auf der Flucht und im Exil mit speziellen Problemen konfrontiert. Sabine Böhlau von REFUGIO München (Beratungs- und Behandlungszentrum für Flüchtlinge und Folteropfer) hat bei einer Veranstaltung , am 30.1.2003 in München, erschütternd über Ursachen und Folgen der Verfolgung von Frauen berichtet. 75-80% aller Flüchtlinge weltweit seien übrigens Frauen und Kinder.

  • Kriege, die hauptsächlich Bürgerkriege sind und in ethnischen Verfolgungen ausarten. Dabei ist sexuelle Gewalt an Frauen die verbreitetste Gewalt überhaupt und die billigste Waffe zur Vertreibung einer Ethnie. Damit wird auch der Mann getroffen, kann er doch seine Frau, Tochter, Schwester nicht schützen. Nicht nur die Identität der Frau wird zerstört, sondern auch die des Mannes, der Familie , der ethnischen Gruppe, wie z.B. in Bosnien-Herzegowina.
  • Grundlegende Menschenrechte werden von vielen Staaten vor allem Frauen verweigert.
  • Genitalverstümmelung, wie sie hauptsächlich noch in Somalia, Kenia und im Sudan praktiziert wird.
  • Restriktive gesellschaftliche Normen, wie Ausbildungsverbote, Zwangsverheiratungen, Witwenverbrennungen.
  • Politische Tätigkeiten mutiger Frauen, so im Kosovo, Irak. Auch die weiblichen Angehörigen von politisch aktiven Männern sind betroffen.
  • Zugehörigkeit zu einer Ethnie (Kurdinnen, Palästinenserinnen, Roma) oder religiösen Gruppierung.

Die Vorbereitung und Durchführung der Flucht einer Frau dauert in der Regel viel länger, als die eines Mannes. Frauen werden kaum oder gar nicht von ihren Familien finanziell oder ideell darin unterstützt und auf der Flucht wird die Hilfe von Fluchthelfern, Polizisten u.a. oft nur gegen sexuelle Gefälligkeiten gewährt.

Entscheidend für den weiteren Lebensverlauf ist die soziale Unterstützung von Angehörigen und Freunden aus der Heimat oder durch neue soziale Bindungen im Exil. Dadurch kann der Abbruch der Bindungen an die Familie zu Hause etwas aufgefangen werden. Da aber Privatunterkünfte nicht mehr erlaubt sind, wirkt sich die zunehmende Unterbringung in Massenunterkünften verheerend aus. Kulturelle Unterschiede zwischen Menschen aus verschiedener Fluchtländern auf engem Platz, sind eine weitere Erschwernis. Die Folgen der Traumatisierung durch Flucht und Erlebtem werden dadurch noch verstärkt. In vielen Heimen gibt es kaum Rückzugsbereiche, wo sich Frauen und Männer getrennt treffen können. Ein anderes Problem sind die zugeteilten Essenspakete, die es statt Geld zum Einkaufen gibt: die Ausgabe der Pakete wird häufig als Kontrolle für Anwesenheit erlebt – ist mancherorts auch dafür gedacht – und wenn die Ration die persönlichen Ernährungsgewohnheiten kaum berücksichtigt, empfinden die Frauen das als entwürdigend. Die mangelnde Eigenversorgung fördert die „erlernte Hilflosigkeit“.

Schwierigkeiten während des Asylsverfahrens bereitet die Sprachlosigkeit (Verdrängungsverhalten) vieler Frauen nach der traumatischen Flucht. Die Frauen wirken oft emotionslos und infolgedessen wird ihre Geschichte als unglaubwürdig empfunden, was ihnen bei der Beurteilung der Fluchtgründe schadet. Nach der asylrechtlichen Anerkennung ist es für viele Frauen sehr schwierig, eine Berufstätigkeit zu finden; häufig bleiben Altenpflege und Prostitution die einzigen Möglichkeiten.

Das Positive am abgelehnten Zuwanderungsgesetz war, dass auch die nichtstaatliche und geschlechtsspezifische Verfolgung als Asylgründe anerkannt werden sollten; dies will die CDU/CSU lt. ihrem 121-Punkte-Änderungskatalog streichen. Die TeilnehmerInnen der Veranstaltung forderten die HU auf, dagegen Widerstand zu leisten, insbesondere gemeinsam mit Frauenunion, Frauenverbänden und caritativen Organisationen.

Maria Reith

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