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Verschärftes Bayerisches Versamm­lungs­recht wird Grundrechte verwässern

11. November 2015

Als wesentliche Gründe hat sie vorgebracht:

Der Gesetzentwurf will Verstöße gegen das Schutzwaffen- und Vermummungsverbot, die bisher als Ordnungswidrigkeiten gelten, als Straftaten bewerten. Dann gilt das Legalitätsprinzip. D.h. also z.B:  die Polizei ist bei Wahrnehmung einer (potentiellen) Vermummung zum Einschreiten verpflichtet (Anders als im Ordnungswidrigkeitsrecht,wo das Opportunitätsprinzip gilt und die Polizei einen Ermessensspielraum hat). In der Praxis führt die Pflicht zum Einschreiten dazu, dass die Polizei in die Demo rein muss, um gegen z.B. eine einzelne vermummte Person vorzugehen. Das birgt erhebliches Eskalationspotential!

Der Willkür Tür und Tor geöffnet
Strafrechtsanwalt Hartmut Wächtler, München, weist darauf hin, dass seiner Erfahrung nach mit der geplanten Regelung der Willkür Tür und Tor geöffnet werde. So könne bei Demonstranten, die in einem Bus oder Auto anreisten, ein mitgeführter Wagenheber bereits als „Schutzwaffe“ angesehen werden, auch wenn dieser zur Standard-Ausrüstung eines Fahrzeugs gehöre. Wer sich auf einer Demonstration bei winterlichen Temperaturen einen Schal um den Kopf wickelt, könne vorläufig festgenommen und erkennungsdienstlich behandelt werden. Die HU befürchtet, dass Festnahmen und Beschlagnahmungen zunehmen werden, was dann den Innenminister zu der Feststellung veranlasse, die Gewalt habe zugenommen und weitere Gesetzesverschärfungen seien unerlässlich.

Strengere Regelungen – aber nicht weniger Gewalt
Bezeichnenderweise ereigneten sich die zur Begründung des Gesetzesentwurfs angeführten Gewalttätigkeiten bei der Eröffnung der Zentrale der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main in einem Bundesland, in dem Vermummungen bei Demonstrationen bereits als Straftat gelten. In Bayern hingegen seien laut Wächtler einschlägige Probleme seit der Liberalisierung des Versammlungsgesetzes stark zurückgegangen. Dass ein Vermummungsverbot als Straftatbestand zu weniger Gewalt führt, hat bislang keine Landesregierung bewiesen. Dem Statistischen Bundesamt (DESTATIS) liegen keine Zahlen vor.

Berufliche und private Nachteile
Nadine Freialdenhoven vom Vorstand der HU: „Friedliche Bürgerinnen und Bürger haben jedoch gewaltige Nachteile von der geplanten Verschärfung zu befürchten. Nach einer Verurteilung gelten sie unter Umständen als vorbestraft, was weitreichende Konsequenzen hat. Im schlimmsten Fall wird ihnen der Zugang zu Berufen verwehrt, die mit besonderen Auflagen verbunden sind. Dazu gehören unter anderem die Verbeamtung, aber auch Heilberufe mit Approbation. Noch gravierender können Nachteile für Menschen sein, denen im Ausland Verfolgung wegen ihrer politischen Einstellung droht. Werden sie in Deutschland erkannt und – beispielsweise nach einem gescheiterten Asylantrag – abgeschoben, müssen sie im Heimatland mit schwerwiegenden Strafen rechnen.“

Völlig unnötige Gesetzesverschärfung
Die HU wendet sich entschieden gegen die völlig unnötige Gesetzesverschärfung, die keine Probleme löst, sondern nur weitere Probleme schafft.
Die HU bekennt sich klar zu Grundrechten wie der Versammlungsfreiheit und der Meinungsfreiheit. Sie distanziert sich von Gewalt, auch bei Demonstrationen.

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