Bundes-Steuerdatei und Personenkennzeichen
Zwar ist gegen Steuergerechtigkeit und gegen den internen Abgleich von Steuerdaten überhaupt nichts einzuwenden. Aber den hier eingeschlagenen Weg hält die HU mit den Datenschützern aus bürgerrechtlicher Sicht für nicht beherrschbar. Eine Bundes-PKZ und ein Bundes-Melderegister darf es nicht geben, da verfassungswidrig.
Daher fordert die HU die Bundesregierung und den Gesetzgeber auf, diese Arbeiten auszusetzen und in einem transparenten Verfahren ohne Hast nach Lösungen zu suchen, die weder die informationelle Selbstbestimmung der BürgerInnen noch die informationelle Gewaltenteilung der Behörden beschädigen.
Ohne die Problematik schon abschließen behandelt zu haben, erhebt die HU dabei folgende Forderungen:
- Ablösung der Steuernummer durch ein modernes Identitätsmanagement
- kein Konfessionsstatus in der Steuerdatei
- Entlastung der Arbeitgeber, Banken und des Staates von Abzug/Abführung der Kirchensteuer.
Die HU wird die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen und sich bei Bedarf zu Wort melden.
Begründung:
Im Zuge der bereits laufenden Einführung einer einheitlichen Steuer-Identifikationsnummer soll damit zugleich eine umfangreiche zentrale Bundes-Steuerdatei über alle BürgerInnen – vom Säugling bis zum Greis – entstehen. In die beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) geführten Datensammlungen werden in Verbindung mit der eindeutigen, vom BZSt jeder BundesbürgerIn vergebenen Identifikationsnummer u.a. Name und Künstlername, akademischer Grad, Geburtstag und -ort, das Geschlecht, die aktuelle Adresse, die zuständige Finanzbehörde und bei Verstorbenen auch der Sterbetag gespeichert (bis zu weiteren 20 Jahren). Diese Daten werden elektronisch von den lokalen Meldebehörden gesendet und bilden die Basis für die Erzeugung der Identifikationsnummern, die dann auch in den lokalen Melderegistern gespeichert werden.
Diese Informationen gehen der Bundesregierung aber noch nicht weit genug. Von Friedrich Halfmann, 2. Vors. des Vereins zur Umwidmung von Kirchensteuern e.V., erhielt ich folgenden Hinweis: Nach dem vom Bundeskabinett im August verabschiedeten Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2008 soll die elektronische Lohnsteuerkarte von 2011 an eingeführt werden, wozu so sensible Angaben wie Religionszugehörigkeit sowie Steuerklassen, EhepartnerInnen und Freibeträge etwa für Kinder oder außergewöhnliche Belastungen in der Bundes-Steuerdatei gespeichert werden sollen. Die Arbeitgeber sollen auf diese Daten automatisch zugreifen, um die Lohnsteuer und die daran gekoppelte Kirchensteuer zu berechnen und abzuführen.
Schon die jüngst verabschiedete Unternehmensteuerreform skizziert als Fernziel, dass ab 2011 in die Bundes-Steuerdatei auch Angaben zum Konfessionsstatus, zu dem (für den Kirchensteuer-Pflichtigen geltenden) Kirchensteuerhebesatz und zu der entsprechenden Religionsgesellschaft aufgenommen werden. Die Kreditinstitute sollen auf diese Daten automatisch zugreifen, um die Abgeltungsteuer und die daran gekoppelte Kirchensteuer zu berechnen und automatisch abzuführen.
Bis jetzt müssen Steuerpflichtige nur hinnehmen, dass außer der Finanzbehörde (nur) dem Arbeitgeber der Konfessionsstatus mitgeteilt werden muss. Die damit gegebene Beeinträchtigung des Grundrechtes der Religionsfreiheit Art. 4 Abs. 1 wird höchstgerichtlich für zumutbar gehalten, weil anders ein Einzug der Kirchensteuer durch den Staat nicht möglich sei. Für die jetzt beabsichtigte erneute Außerkraftsetzung des Art. 4 Abs. 1 GG gibt es nur technizistische Begründungen. Die Kirchen haben sich mit Macht strikt geweigert, eine pauschalierte Kirchensteuerzuweisung zu akzeptieren, was aus der Sicht des Finanzministeriums die wirklich eleganteste Lösung wäre.
Allgemein begründet wird die Einführung dieser Verfahren mit zwei Argumenten:
– Erhöhung der Steuerehrlichkeit und Kontrolle der Besteuerung,
– elektronische Machbarkeit, geringer Verwaltungsaufwand z.B. für die Banken, die Einfachheit des Verfahrens insgesamt und seine Effizienz.
Die Datensammelleidenschaft des Staates geht damit munter weiter. Nach dem gläsernen Bürger, dem gläsernen Patienten und dem gläsernen Bankkunden kommt jetzt auch noch der gläserne Steuerzahler. Aber es kann noch schlimmer kommen, denn wie die Erfahrung zeigt, erzeugen solche Systeme neue Begehrlichkeiten. Darauf haben besonders zwei Datenschutzbeauftragte hingewiesen, die ich hier zitieren möchte:
1. Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz, am 8.8.07:
„…….Außerdem befürchte ich, dass hier neue Begehrlichkeiten entstehen. So wären die Daten etwa für Sozialleistungsträger und Strafverfolgungsbehörden interessant. Leider gibt es zahlreiche Beispiele, dass Daten, die zunächst für einen bestimmten Zweck gespeichert worden waren, letztlich auch für viele andere Zwecke verwendet werden:
So werden die für steuerliche Zwecke erhobenen Daten über Freistellungsaufträge mit den ebenfalls beim BZSt gespeicherten Daten der Empfänger von BaföG- und anderen Sozialleistungen abgeglichen. Die Mautdaten, die zunächst nur zur Mautberechnung erhoben wurden, sollen zukünftig auch zur Strafverfolgung verwendet werden. Der zur Terrorismusbekämpfung eingeführte Kontendatenabruf steht heute auch Finanzämtern offen. ……..“2. Dr. Thilo Weichert, Landesbeauftragter für den Datenschutz in Schleswig-Holstein, am 29.6.7:
Mit der nun geschaffenen Infrastruktur droht eine weitgehende faktische Beseitigung der verfassungsrechtlich geforderten „informationellen Gewaltenteilung“ der Behörden: „Gegen Steuergerechtigkeit und gegen den internen Abgleich von Steuerdaten ist aus Datenschutzsicht überhaupt nichts einzuwenden. Der hierzu eingeschlagene Weg ist jedoch fatal: Wegen der steuerrechtlichen Relevanz vieler Alltagsvorgänge, von geschäftlichen Transaktionen bis zum einfachen Bezahlen einer Rechnung, wird die neue Steuer-ID allgegenwärtig sein. Hierüber können dann nicht nur Finanzämter, sondern Banken, Auskunfteien, Adressenhändler, Versandhändler und sonstige Unternehmen ihre Datenbestände zusammenführen. Auch wenn dies vom Gesetz nicht erlaubt ist, wird es den Datenschutzaufsichtsbehörden praktisch nicht möglich sein, eine solche Nutzung zu unterbinden. Die Folge ist, dass dank der Steuer-ID umfassende Persönlichkeitsprofile erstellt werden können.“