Startseite » Themen » Bayerischer Sonderweg zu §218 ist weitgehend verfassungswidrig

Bayerischer Sonderweg zu §218 ist weitgehend verfas­sungs­widrig

27. Oktober 1998

Das Bundesverfassungsgericht hat heute die wesentlichen Verschärfungen des Bayerischen Schwangerenberatungsgesetzes und des Bayerischen Schwangerenhilfeergänzungsgesetzes für verfassungswidrig und nichtig erklärt.

Dazu erklärte Sophie Rieger, die Vorsitzende des Landesverbands Bayern der HUMANISTISCHEN UNION: „Das Bundesverfassungsericht hat mit seiner Entscheidung dem Freistaat Bayern klar gemacht, wo die Länderkompetenzen ihre Grenzen haben. Weitgehend selbstbestimmt werden Frauen nun auch in Bayern darüber entscheiden können, ob sie eine Schwangerschaft austragen wollen. Auch wenn die HUMANISTISCHE UNION weiterhin fordert, daß die Beratung auf freiwilliger Basis stattfinden sollte, steht nun zumindest fest, daß weder Staat noch Kirche Frauen dazu zwingen können, einen Grund für ihre Abtreibungswunsch zu offenbaren.“

Weiter weist Sophie Rieger darauf hin, daß die Staatsregierung und die CSU ein Eigentor geschossen haben, in dem sie nur Frauenärzte zu Schwangerschaftsabbrüchen zulassen. Da das Bundesverfassungsgericht die Bestimmung, daß nur 25% der Einkünfte der Ärzte aus Schwangerschaftsabbrüchen herrühren dürfen, aufgehoben hat, werden in Zukunft  – und das ist ausdrücklich zu begrüßen – vermehrt gut ausgerüstete, auf Schwangerschaftsabbrüche spezialisierte Praxen entstehen. Genau das wollte der Bayerische Sonderweg verhindern. 
Im Sinne der Frauen ist auch die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Übergangsregelung, denn sie gewährleistet, daß die bereits zuverlässig praktizierenden Ärzte weiterhin zur Verfügung stehen.

Sophie Rieger fährt fort: „Die HUMANISTISCHE UNION begrüßt ausdrücklich die heutige Entscheidung des Bundesverfassungs-erichts, die dem Bayerischen Sonderweg endlich ein Ende setzt. Der Bayerische Landtag ist nun aufgefordert, die entsprechenden Gesetzesänderungen umgehend vorzunehmen.

Als wirksamste Methode, die Anzahl unerwünschter Schwangerschaften zu minimieren, haben sich eine weitgehende Freigabe von Verhütungsmitteln und fundierte Sexualaufklärung erwiesen. Hier sehen wir noch erheblichen Nachholbedarf bei der Bayerischen Staatsregierung und der CSU, indem sie sich von den überholten Sexualmoralvorgaben der katholischen Kirchenführung emanzipieren.

Der vorallem von der Koalition der Frauen aus allen Parteien im Bundestag 1995 herbeigeführte Kompromiß der Abtreibungsregelung hat Bestand. Der höhere Frauenanteil im neuen Bundestag läßt uns hoffen auf Fortschritte auf dem Weg der faktischen Gleichstellung von Frauen in unserer Gesellschaft.“

nach oben