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Das Schulgebet in Bayern - unvereinbar mit dem Grundgesetz

14. November 1987

Das Bundesverfassungsgericht hat am 17. 12. 1975 entschieden, daß der Art. 135 Satz 2 der Bayer. Verfassung über die Christliche Gemeinschaftsschulen („In ihr werden die Schüler nach den Grundsätzen der christlichen Bekenntnisse unterrichtet und erzogen“) nur gültig sei bei verfassungskonformer Auslegung. d.h. der Unterricht dürfe nicht an die Glaubensinhalte einzelner christlicher Bekenntnisse gebunden sein. Und so verkündete das Bundesverfassungsgericht: Art 135 Satz 2 der Verfassung des Freistaats Bayern…(ist) in  der sich aus den Gründen ergebenden Auslegung mit dem Grundgesetz vereinbar.“ In einem dieser „Entscheidungsgründe“ geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, daß „vieles dafür“ spreche, „daß sich die Schulwirklichkeit in den letzten Jahren im Sinne dieser Auslegung entwickelt hat“.

Nun setzt die CSU-Mehrheit im Bayer. Landtag im Verein mit dem Kultusministerium alle möglichen Hebel in Bewegung, um das Bundesverfassungsgericht Lügen zu strafen und eine  evtl. verfassungskonforme Entwicklung wieder rückgängig zu machen. Rechtzeitig zum Schuljahresbeginn erreichte die bayerischen Schulen ein kultusministerielles Schreiben betr. „Schulgebet und oberstes Bildungsziel ‚Ehrfurcht vor Gott'“.  Darin beruft sich das Kultusministerium auf die Landtagsbeschlüsse vom 3.7.86:
 

  • Die Staatsregierung wird gebeten, darauf hinzuwirken, daß die Möglichkeit des Schulgebetes zum Beginn und am Ende des Unterrichts in allen Schulen regelmäßig genützt wird. Den Schulklassen soll eine Sammlung von Schulgebeten angeboten werden.
  • Die Staatsregierung wird gebeten, darauf hinzuwirken, daß die Erreichung des in der Bayerischen Verfassung ausgewiesenen obersten Bildungsziels „Ehrfurcht vor Gott“ an allen bayerischen Schulen als Prinzip des Unterrichts in verstärktem Male angestrebt wird. Dabei soll auf eine enge Zusammenarbeit von Eltern, Lehrern, Pfarrern und Diakonen, Katecheten und Schülern geachtet werden…

Zumindest der letzte Satz – die Einbeziehung von Pfarrern etc. –  nicht etwa nur, was den Religionsunterricht betrifft, sondern wie das Ministerium betont, auch den „übrigen Unterricht“ („die unmittelbare religiöse Unterweisung“ sei sowieso „spezielle Aufgabe des Religionsunterrichts“) – widerspricht klar der vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen „verfassungskonformen Auslegung“.

Noch deutlicher wird dies bei den Ausführungen zum Schulgebet. Zwar heißt es hier zunächst: „Mit Rücksicht auf das Grundrecht der Bekenntnisfreiheit müssen allerdings (!) Schüler und Lehrer frei und ohne Zwänge entscheiden können“, ob sie am Schulgebet teilnehmen.“ Doch wehe den Nichteilnehmern: Die müssen gleich Belehrungen über sich ergehen lassen; ihnen sind „die Bedeutung von Gebet und religiöser Besinnung für gläubige Schüler sowie die Notwendigkeit und den ethischen Wert der Tolerierung religiöser Praxis zu vermitteln“.

Wohlgemerkt: Es handelt sich nicht um Gebete während des Religionsunterrichts, so fragwürdig selbst diese sind angesichts der häufig geübten Praxis, auf Konfessionslose einen mehr oder weniger gelinden Zwang zum Besuch des Religionsunterrichts auszuüben. Nein: in allen Fächern soll gebetet werden („zum Beginn und am Ende des Unterrichts“). Und damit nur ja niemand auf die Idee käme. womöglich gar für etwas Nicht-CSU-Konformes zu beten, werden kultusministeriell absegnete Gebete „zum lernmittelfreien  Bezug zur Verfügung“ gestellt. Und diese sehen entsprechend aus. Ein Beispiel aus der Gebetssammlung „Beten Singen Feiern“ (Kösel Verlag):

„Lobet den Herrn, denn er ist gut.
Ohne Ende ist seine Liebe.
…….
Er hat uns die Schätze der Erde geschenkt,
Atomkraft, Erdöl und Erze….

Johannes Glötzner

Im November 1887 in den MTTEILUNGEN erschienen

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