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Gymnasium Bad Aibling muss Kreuze abhängen

20. Oktober 1999

Das Kultusministerium hat im Kruzifix-Streit jetzt entschieden, dass die Grundsätze zur Anbringung von religiösen Symbolen in Volksschulen auch an Realschulen und Gymnasien gelten. Anlass war eine Auseinandersetzung zwischen dem Schulleiter des Gymnasiums Bad Aibling, Kurt Lausmann, und Josef Obermeier aus Bruckmühl, dessen Tochter Yasmin inzwischen das Gymnasium besucht. Der oberbayerische Computerfachmann lehnt für seine Tochter Unterricht unter dem Kreuz nicht nur in der Grundschule, sondern auch im Gymnasium strikt ab.

Schulleiter Lausmann hatte sich jedoch geweigert, Obermeiers Forderung zu entsprechen. Daraufhin beantragte dieser beim Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Entfernung von Kreuzen aus dem Gymnasium Bad Aibling; über den Antrag ist noch nicht entschieden worden. Obermeiers Anwältin, Adelheid Rupp, zeigte sich gestern „freudig überrascht“, dass das Kultusministerium „nach großen Anstrengungen unsererseits inklusive Antrag auf Einstweilige Verfügung jetzt doch noch Einsicht gezeigt hat“. Eine Sprecherin des Ministeriums erklärte, nach der Rechtsprechung der vergangenen Jahre hätten die Juristen keine Chance für den Freistaat gesehen, diesen Rechtsstreit zu gewinnen.

Der Freistaat hatte nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1995, entschieden: „Angesichts der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns wird in jedem Klassenraum ein Kreuz angebracht.“ In Streitfällen „aus ernsthaften und einsehbaren Gründen des Glaubens oder der Weltanschauung“ sollten die Schulleiter versuchen, mit den Erziehungsberechtigten eine „gütliche Einigung“ zu erzielen. Gelinge dies nicht, entscheide das Schulamt, heißt es in der „Widerspruchslösung“.

Im April dieses Jahres beschäftigte sich das Bundesverwaltungsgericht in Berlin mit der „grundsätzlichen Frage“, ob das bayerische Gesetz richtig angewandt und mit dem Grundgesetz in Einklang stehe. Der 6. Senat hatte keine verfassungsrechtlichen Bedenken und nannte die „Widerspruchslösung“ des Freistaats „akzeptabel“. Der Leiter der. Volksschule in Bruckmühl wurde allerdings verpflichtet, das Kreuz aus den Klassenräumen von Obermeiers Tochter zu entfernen. Damit hatte Obermeier zwar einen persönlichen Sieg errungen, mit seinem Hauptanliegen, Passagen des Bayerischen Erziehungsgesetzes für verfassungswidrig erklären zu lassen, scheiterte er jedoch.

Während der Landesvorsitzende des Philologenverbandes, Rainer Rupp, die Entscheidung des Kultusministeriums für logisch und konsequent hält, hätte Peter Peltzer vom Realschullehrerverband den Fall durch alle Instanzen gezogen, um eine Einzelfallentscheidung herbeizuführen. Für weiterführende Schulen gebe es im Gegensatz zu den Grundschulen keine Vorschrift, dass ein Kreuz im Klassenzimmer hängen müsse. Insofern sei die Problemlage eine andere. Er hält die Entscheidung des Ministeriums nicht nur für falsch, sondern auch für unpraktikabel: „An weiterführenden Schulen wechseln die Kinder ständig die Räume, was ein permanentes Auf- und Abhängen der Kreuze zur Folge hat. „Ihm sei kein einziger Problemfall an bayerischen Realschulen bekannt; wenn es aber einen gäbe, würde er einen Beschluss des paritätisch mit Lehrern, Eltern und Schülern besetzten Schulforums herbeiführen, der dann auch akzeptiert werden müsste, sagte Peltzer.

Gymnasialleiter Rupp dagegen hat das Urteil von Karlsruhe immer auch auf die Gymnasien bezogen. Er würde einem Schüler, der die Entfernung des Barockkreuzes in seinem Ingolstädter Gymnasium fordert, allerdings empfehlen, sich „eine andere Schule ohne Kreuze zu suchen“.

Winfried Römel, Sprecher des Erzbischöflichen Ordinariats in München, zeigte Verständnis für die Entscheidung des Kultusministeriums: „Das liegt in der inneren Logik des Gesetzes.“ Unerträglich findet er allerdings, dass „Minderheiten Mehrheiten dominieren können“. Auch zeuge die Konsequenz, mit der das im konkreten Fall durchgezogen werde, nicht gerade von Toleranz.

Der Ex-Katholik Obermeier, der angibt, zu allen Religionen ein distanziertes Verhältnis zu haben, hatte unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts verlangt, dass die Kreuze aus den Unterrichtsräumen seiner Tochter entfernt werden. Bereits 1995, als Yasmin eingeschult wurde, hatte Obermeier es mit einer Einstweiligen Anordnung geschafft, dass das Kreuz im Klassenzimmer seiner Tochter zunächst abgehängt werden musste. Er scheiterte dann jedoch in allen Instanzen der bayerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit, die ihn auf die Widerspruchslösung verwies.

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