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Landes­ver­band Bayern protestiert gegen Absetzung des Böll­-­In­ter­views im Bayerischen Rundfunk

03. Oktober 1977

Der Landesverband Bayern der Humanistischen Union (HU) protestiert entschieden gegen die Absetzung des Interviews mit Heinrich Böll am vergangenen Freitag (30. September1977) durch den Programmdirektor des Bayerischen Rundfunks, Gunthar Lehner. — Die HU sieht darin einen Amtsmissbrauch und den Versuch, Äußerungen, die nicht mit der CSU-Meinung konform gehen, zu unterdrücken. Die HU ist in höchstem Maße verwundert über die Ankündigung, nur Auszüge des Interviews, ergänzt durch Gegenmeinungen zu senden. Dieses Interview selbst ist der bescheidene Versuch einer Gegenmeinung Bölls gegen massivste ungerechtfertigte Vorwürfe, Verdächtigungen und Beschimpfungen. Selbst das wird Herrn Böll vom Bayerischen Rundfunk verwehrt. — In einem Brief an den Intendanten des Bayerischen Rundfunks, Reinhold Vöth, forderte der Landessprecher der Humanistischen Union Bayern, Johannes Glötzner, die ungekürzte Sendung des Interviews ohne Gegenmeinung. Weiter heißt es in dem Brief an den Intendanten: „Die vielbeschworene „Ausgewogenheit“ des Rundfunks steht durch die Sendung des Böll-Interviews sicher nicht auf dem Spiel, im Gegenteil: eine ungekürzte Sendung ohne Gegenmeinung wäre ein Schritt in Richtung Ausgewogenheit.“ 

Ende der Presseerklärung.

Schon seit Jahren wurde zur Bekämpfung des Terrorismus der unpräzise Begriff des Sympathisanten verwandt. Im Jahr 1977 wurde daraus ein Kampfbegriff für die politische Auseinandersetzung. Um einer weiteren Vergiftung des politischen Klimas in der Bundesrepublik entgegenzuwirken, versuchte die HU Anfang September 1977 in einem offenen Brief an Bundespräsident Walter Scheel, ein klärendes Wort zu sprechen, siehe die angehängte pdf-Datei. Unser Memorandum hat in Presse und Rundfunk ein breites Echo gefunden: Die meisten der wichtigen Zeitungen brachten den vollen Wortlaut, viele eine Notiz darüber; von vielen Journalisten wurde es in Kommentaren zum Terrorismus erwähnt.

Trotz der unerträglichen lntellektuellenbeschimpfung, Verdächtigungen und Denunziationen, die noch kamen, war doch auf unsere Initiative hin ein Wandel in den Aussagen und Reden einiger Politiker zu hören. Der Bundespräsident ließ uns mitteilen, daß er, vor allem mit seinen beiden Reden in Tübingen und Stuttgart zur Frage der Sympathisanten unseren „Offenen Brief Im Auge gehabt hat“.

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