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Verwal­tungs­ge­richt Muenchen lehnt Klage auf Abnahme des Schul­kreuzes in Bruckmuehl ab

23. Oktober 1996

Seine Gegner vergleicht er mit dem Ku-Klux-Klan, seine katholische Nachbarn mit den Judenhassern des Dritten Reiches. Im Kampf gegen das Kruzifix im Klassenzimmer seiner achtjaehrigen Tochter ist Josef Obermeier jetzt aber vor dem Verwaltungsgericht Muenchen gescheitert. Der Glaubenskrieg ist damit jedoch nicht beendet. ‚Aufgeben werde ich auf keinen Fall‘, kuendigte der 41jaehrige bereits an. ‚Dass hier auf beiden Seiten eine Intoleranz vorhanden ist, ist klar, sonst haette sich die Sache nicht so hochgeschaukelt’, kommentierte Richter Guenter Bloessner.
Begonnen haben die Auseinandersetzungen im oberbayerischen Bruckmuehl bei Bad Aibling vor einem Jahr. Nach dem Kruzifix-Urteil des Bundesverfassungsgerichts beantragte Obermeier beim Rektor der Grundschule, das Kreuz im Klassenzimmer seiner Tochter Yasmin abzuhaengen, was er schliesslich mit einer einstweiligen Anordung durchsetzte. Der Vater zweier Kinder ist ‚allen Religionen abgeneigt‘ und mit einer Nichtchristin verheiratet, die Kinder gehoeren keiner Religion an. Zur Begruendung zieht er ausserdem die Geschichte des Christentums heran: Hexenverbrennung, Kreuzzuege, Verfolgung.
Waehrend andere Eltern mit Unterschriftenliste, Pro-Kreuz-Demonstration und Drohanrufen protestierten, montierte Musiklehrer Hans Schnitzelbaumer das Kreuz einfach wieder. Nachdem es die Schulleitung wieder abnehmen liess, schmueckte sich die Klassenlehrerin im Unterricht mit uebergrossen Kreuzen, verteilte selbstgebastelte Kreuze an die Schueler und ersetzte das abgenommene Kruzifix durch ‚religioese Bilder‘: eine Herz-Jesu-Darstellung und eine Gebirgslandschaft mit Feldkreuz.
Das Angebot von Rektor Johannes Mangels, das Kind in die Parallelklasse zu versetzen, in der eine ‚in religioesen Dingen aufgeschlossen Lehrerin‘ unterrichtet, lehnte Obermeier auch in der Verhandlung wieder ab. Wo hoert das dann auf? Das ist nicht akzeptabel‘, beharrte er ‚Ich weiss, nicht, ob der Terror dann wieder anfaengt. Und ausserdem ist Yasmin in den Freundeskreis dieser Klasse schon seit dem Kindergarten hineingewachsen.‘
Das Recht des Klaegers auf Glaubensfreiheit setze er zwar hoeher ein als die Rechte der Kruzifix-Verteidiger, die vom Staat die Vertretung ihrer Religion einforderten und ihm dabei ‚a bisserl zu aggressiv‘ vorgegangen seien, sagte Richter Bloessner in der Verhandlung. Aber die Versetzung des Maedchens halte er fuer ‚zweckmaessig‘. So lehnte es das Gericht ab, den Freistaat zu verpflichten, alle Kreuze und Ersatzbilder in den Schulraeumen der Achtjaehrigen abzunehmen und der Lehrerin das sichtbare Tragen uebergrosser Kreuze zu verbieten. Die Begruendung des Urteils steht noch aus.
Obermeier kuendigte inzwischen an, dass er je nach Urteilsbegruendung weiterklagen oder den Fall neu aufrollen wolle. Er hat in dieser Sache ausserdem zwei weitere Prozesse laufen. Seine Gegner hatten in einer Nacht-und-Nebel-Aktion gegenueber seiner Hofeinfahrt ein rund drei Meter grosses Feldkreuz aufgestellt. Und als Wahlleiter hatte er im vergangenen Maerz das Kruzifix im Wahllokal seiner Gemeinde abgenommen.

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