Festakt zur Preisverleihung an Wunibald Heigl
14.12.1993
„AUFRECHTER GANG“ – Wunibald Heigel geehrt
Am 14.Dezember fand in der Seidlvilla die Preisverleihung „Aufrechter Gang“ durch die Humanistische Union (HU) an den engagierten Lehrer Wunibald Heigl statt. Dieser Preis wird seit 1988 an Personen verliehen, die sich in den Augen der HU um Bürgerrechte und Demokratie verdient gemacht haben. Darunter ist individueller Widerstand gegen die Bevormundung durch staatliche Organe und andere Machtgruppen zu verstehen.
Die Veranstaltung begann mit der Begrüßung durch Prof. Wilhelm Hering von der HU, er gab eine Einführung in die Geschichte und die Aufgaben der HU; Prof. Kurt Singer hielt die Laudatio und Wunibald Heigl erläuterte seine Erfahrungen mit der Schulleitung und der bayerischen Obrigkeit.
Im Rahmen der Veranstaltung wurde klar, daß die HU 1961 vom Münchner Publizisten Gerhard Szczesny als Gegenpart zur herrschenden Adenauer-Politik gegründet wurde. Das Motto war „die Befreiung des Menschen aus den Fesseln obrigkeitsstaatlicher und klerikaler Bindungen, die Verkündigung der Menschenrechte und Menschenpflichten, der Ausbau von Erziehungs- und Bildungs- und Fürsorgeeinrichtungen .. die Entfaltung einer freien Wissenschaft, Presse, Literatur und Kunst“ (zitiert nach: HU – emanzipatorisch radikaldemokratisch unabhängig). Die HU engagierte sich zunächst für die Anerkennung der Grundrechte, gegen die Dominanz der Kirche in Kultur, Erziehung und Politik. In den Sechszigerjahren unterstützte die HU die Befreiungsbewegung der Menschen, nie aber ohne rechtliche Absicherung in den Grenzen des Gesetzes. Sie kritisierte auch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum §218 StGB scharf und setzte sich für die Schaffung von gesetzlichen Freiräumen ein.
Weiter wurde das Verhältnis des Lehrers Wunibald Heigl zu den Schulorganen charakterisiert und es ergab sich ein gutes Bild von der antidemokratischen Lage in Bayerns Schulen. Heigl gründete vor 14 Jahren die Arbeitsgemeinschaft „Politische Bildung“, in deren Rahmen er viele Ausstellungen und Diskussionsrunden zu Themen wie Umweltschutz und Ausländerproblematik organisierte. Von der Schulleitung wurde er nie unterstützt. Als er zusammen mit seinen Schülern die Theodor-Heuss-Medaille bekam, begannen die Schikanen durch die Schulleitung. Weiterhin wurde das Vokabular der Obrigkeit deutlich, nachdem Schüler die „Zubeschulenden“ seien. Dazu hieß es, dies sei aus der „Sprache der Unmenschen“.
Weiter hieß es, daß Heigl für eine Erziehung zur Demokratie einträte. Es wurde weiter betont, daß einerseits Politik nicht in die Schule gehöre, aber daß andererseits die Einflußnahme des Staates und der CSU auf den Schulbetrieb nicht mehr zu verhehlen sei. Deutlich wurde auch, daß Heigl eine Perspektive sieht und für Projekte eintritt, die zur besseren Verständigung zwischen Lehrern und Schülern beitragen, um damit gegen das Duckmäusertum vorzugehen. Insgesamt gesehen tritt die HU für eine konsequente Einhaltung und Durchsetzung der Menschen-und Bürgerrechte innerhalb der bestehenden Gesetze ein. Bürgerrechte muß man sich auch in diesem Staat ständig neu erkämpfen. Damit resultiert eine parteiunabhängige bürgerlich-kritische Position, die aber selber die Gesetze des Staates nie antastet. Die Frage, ob diese Position ausreicht, wird vielleicht dadurch beantwortet, daß kritische-Einzelpersonen in diesem Staat so massiv unter Druck gesetzt werden, daß irgendwann der Punkt erreicht ist, an dem normalerweise kein Widerstand mehr möglich ist. Ohne ein Miteinander und politisches Engagement in einer linken Organisation wird wohl wenig zu ändern sein. – (joe)
Münchner Lokalberichte Nr. 26 24.12.93
Weitere Informationen: