Festakt zur Preis­ver­lei­hung an Gisela Forster

Die Preis­ver­lei­hung

Im Kampf gegen den Zölibat: Humanistische Union zeichnet Gisela Forster aus

Eine kleine, stachelige Terrakotta-Figur, die sich als Kaktus, aber auch als aufrechte menschliche Gestalt deuten läßt, hat die Humanistische Union (Ortsverband München) vor vier Jahren schaffen lassen, um damit Persönlichkeiten auszuzeichnen, die, wo auch immer in Bayern, sich durch aufrechten Gang hervorgetan haben; will sagen: durch folgerichtigen Einsatz für Bürgerrechte und Demokratie. Das ist zuvor in Wackersdorf, Memmingen, Mutlangen sowie in München geschehen und nunmehr auch in Schäftlarn, wo die ehemalige Oberstudienräten Gisela Forster „aufrechten Ganges“ wegen fristloser Entlassung gegen die Kirche klagt. Sie ist dort aus dem Schuldienst gekündigt worden, weil sie sich in einen Kollegen verliebt und diesem zwei uneheliche Kinder geschenkt hat. Freilich, dieser Kollege war Priester, und bestehend „auf dem sexual- und familienfeindlichen Zölibat“ habe die Kirche sich von beiden getrennt, von Frau Forster mit der richterlichen Begründung, sie habe „einen Mann der Kirche geraubt, einen Priester, der der Kirche gehört, nicht Ihnen“. Beide mußten unter schweren Bedingungen eine neue Existenz aufbauen, um ihren Weg gemeinsam fortzusetzen.

Bei der Verleihung des Preises in der Seidl-Villa kam alles dies polemisch zur Sprache, in den Grußworten von Professor Wilhelm Hering (Humanistische Union) sowie insbesondere in der Laudatio der Landtagsabgeordneten Ruth Paulig (die Grünen). Mit bisweilen bitterer Ironie wurde von der Laudatorin wie auch in dem autobiographischen Erfahrungsbericht von Frau Forster der geistig-geistliche Hintergrund ausgeleuchtet, der zur Stiftung der widerborstigen Preisfigur geführt hat. Wie nachteilig sich für die Kirche ihr „gnadenloses“ Festhalten am Zölibat auswirkt, wurde mit der Nennung hoher Zahlen aus gleichem Grund entlassener Priester belegt, die nicht ihren Glauben, wohl aber ihre Existenz verloren hätten. Im zweiten Teil des Abends versuchten Gisela Forster und zwei ihrer Kolleginnen ihr Anliegen durch kabarettistische Darstellung von Szenen aus Politik, Umwelt und Kirche singend und deklamierend zu verdeutlichen, Dabei ließ sich aber der Gedanke nicht ganz‘ verdrängen, daß das zweite „G“ in ihrem Namen „Die Grünen Grampfhennen“ eigentlich ein „K“ sein müßte.

Karl Ude,  SZ vom 4.12.1992

 

Weitere Informationen:

Laudatio von Ruth Paulig

 

Rede der Preis­trä­gerin Gisela Forster

 

Ankündigung und Begründung der Preis­ver­gabe

 

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