Laudatio auf Anneliese und Dr. Klaus Lintzmeyer

Helmut Steininger

 

Sehr veehrte Anneliese Lintzmeyer, sehr geehrter Klaus Lintzmeyer, sehr geehrte Gastgeber von der Humanistischen Union, sehr geehrte Damen und Herren,

Der Schutz der oberbayerischen Alpen und Voralpen-Landschaft ist mit dem Namen Lintzmeyer bereits seit Jahrzehnten eng verbunden.
Unermüdlich suchen Anneliese und Dr. Klaus Lintzmeyer nach Möglichkeiten und Wegen, Heimat und Landschaft zu erhalten. Auf höchstem fachlichem Niveau und unter Ausnutzung aller juristischen Möglichkeiten lassen sie sich von Ruckschlägen nicht entmutigen und von niemandem an der Wahrnehmung ihrer Rechte zum Schutz der Natur abhalten.
Auch trotz übler Verleumdungen und sogar Morddrohungen stehen sie aufrecht vor ihrer Heimat und fühlen sich verpflichtet, die Landschaft und Natur gegen Zerstörung und vor einseitigen wirtschaftlichen Interessen zu schützen und damit letztlich den Auftrag der bayerischen Verfassung und des Naturschutzgesetzes ernst zu nehmen und damit ihre Bürgerpflicht zu erfüllen. Sie pochen unbeirrbar auf ihre Bürgerrechte und nehmen diese selbst wahr, um sich einzumischen in die politischen Entscheidungen. Sie wehren sich gegen die staatliche Missachtung von gesetzlichen Vorgaben zum Schutz der Landschaft und gegen den Ausverkauf der bayerischen Landschaft durch kurzfristige wirtschaftliche Interessen Einzelner: Sie kämpfen damit für das in Bayern viel zitierte, aber oft nur auf dem Papier stehende „Allgemeinwohl“ – und haben dabei vielfach erleben müssen, dass die Rechte einzelner Bürger schnell an Grenzen stoßen und der Missachtung von Vorgaben zum Schutz von Natur und Landschaft nur begrenzt Einhalt bieten können. Das Aufzeigen von Defiziten unseres Rechtsstaates ist eng verbunden mit der eigenen „Machtlosigkeit“ gegen diese Defizite angesichts einer gegenüberstehenden mächtigen politischen und wirtschaftlichen Lobby.

Dennoch haben sich Lintzmeyers davon nie entmutigen lassen und sind gegen alle Widerstände über Jahrzehnte aufrecht geblieben. Insbesondere beim Schutz der Rotwand haben sich Anneliese und Klaus Lintzmeyer seit mehr als 30 Jahren unermüdlich eingesetzt. Und das zu Recht, denn die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Rotwand ist in höchstem Maß gegeben.
Seit 1968 wollten die Fachkräfte des staatlichen und privaten Naturschutzes das Rotwandgebiet als NSG ausweisen, da die Rotwand sehr seltene Pflanzengesellschaften und auf engstem Raum zahlreiche gefährdete Pflanzenarten aufweist und geomorphologisch-geologisch eine Besonderheit in den Bayerischen Alpen darstellt. Es gab zahlreiche Absichtserklärungen der Bayerischen Staatsregierung und von Ministerpräsident Dr. Alfons Goppel sowie zwei Landtagsbeschlüsse.
1969 wurden Pläne bekannt, die Berglandschaft an der Rotwand mit einer Lifterschließung mit einem Liftzirkus von 10 Liften zu vermarkten. Es gründete sich die BI „Rettet das Rotwandgebiet vor der Zerstörung“, eine der ersten BI‘s ihrer Art. Zusammen mit der neu gegründeten BN-Kreisgruppe Miesbach (Frau Lintzmeyer war auch Gründungsmitglied, beide haben dann jahrelang in der BN-Kreisgruppe mitgearbeitet!) konnte die Lifterschließung verhindert werden. Es wurden 25.000 Unterschriften gesammelt. – Ein erster Erfolg für den Schutz der Rotwand.
Doch schon 1972 wurden die nächsten bedrohlichen Pläne bekannt, die Modellflurbereinigung Rotwand. Geplant war die Erschließung von 7 Almen mit 4,5 m breiten asphaltierten Straßen auf ca. 18 km völlig neuen Trassen und die zusätzliche Erschließung der bisher extensiv genutzten Almflächen mit Düngerwegen. Es gründete sich eine BI „Arbeitgemeinschaft Rettet das Rotwandgebiet jetzt“ (aus BN. DAV-Jugend und Die Naturfreunde).  Auch hier wurden wieder 15.000 Unterschriften gesammelt, um auf die Planungen Einfluss nehmen zu können. Zur Erhöhung der Effektivität der Arbeit wurde 1980 ein eigener Verein  „Schutzaktion Rotwandgebiet e. V.“ gegründet. Mit großem Engagement wurde in jahrelanger Arbeit die völlige Revidierung der ursprünglichen Flurbereinigungsplanung Rotwand und eine Überdenkung der Gesamtplanung erreicht, auch wenn das Ergebnis aus Sicht des Naturschutzes natürlich nur einen schmerzlichen Kompromiss darstellt.
Diese Schutzaktion Rotwand hat 1981 einen erneuten Vorschlag für ein Naturschutzgebiet Rotwand eingereicht.
Die Flurbereinigung ist mittlerweile abgeschlossen, – aber das damit verbundene Versprechen der NSG-Ausweisung (1982 Beschluss des Bayerischen Landtag zur umgehenden NSG-Ausweisung der Rotwand im Rahmen der Flurbereinigung Rotwand) wurde wieder nicht erfüllt.
1987 erfolgte die Ausweisung der Rotwand als Landschaftsschutzgebiet. Seitdem wurden jedoch einige ökologisch kontraproduktive Maßnahmen (z.B. Schwarzbaustraße zur Kümpflalm 1995) an der Rotwand genehmigt, gegen die Lintzmeyers und der BN unermüdlich vorgegangen sind.

Nach mehr als 30 Jahren ist das NSG-Verfahren politisch nahezu am Nullpunkt gewesen. Durch die neuen Diskussionen um die Meldung von FFH- und Vogelschutz-Gebieten (NATURA 2000) ist nun die europäische Unterschutzstellung des Gebietes in Gang gekommen. Die Rotwand erfüllt eindeutig die Kriterien der EU-Richtlinie und muss als FFH-Gebiet ausgewiesen werden. Im Fachkonzept des bayerischen Landesamtes für Umweltschutz war die Rotwand auch als Gebietsvorschlag für FFH-Gebiete enthalten – sie fiel jedoch dem EU-rechtswidrigen Streichkonzert, das dieses Fachkonzept über sich ergehen lassen musste, zum Opfer. Lintzmeyers haben seit Beginn der Diskussionen um die NATURA 2ooo-Gebietsausweisungen immer wieder mit hervorragenden fachlichen Begründungen in Veröffentlichungen und in zahllosen Schreiben auf die Defizite der bayerischen NATURA 2ooo-Meldungen im Alpenraum und insbesondere auf Notwendigkeit der Meldung der Rotwand hingewiesen. Sie haben zusammen mit anderen Naturschutzverbänden, so auch dem BN,  einen eigenen Gebietsvorschlag für ein FFH-Gebiet Rotwand erarbeitet und diesen in das derzeit in Bayern laufende „Dialogverfahren“ eingebracht.
Dennoch wurde dieser Vorschlag nicht in die „Konsensschleife“ aufgenommen – angeblich weil die Rotwand für die Repräsentanz der FFH-Arten und -Lebensräumen nicht notwendig sei. Dies entbehrt jedoch jeder fachlichen Grundlage. Die Unterschutzstellung der Rotwand ist auf höchster Ebene politisch nicht erwünscht.

Ebenfalls eng mit dem Namen Lintzmeyer verknüpft ist das Thema  „McDonaIds am Irschenberg“. Lintzmeyers haben seit Bekanntwerden der Planungen immer wieder vehement mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen diese McDonaldisierung der Voralpenlandschaft gekämpft und auf die negativen Folgen (Verkehr,  Landschaftsbild, Naturschutz etc.) aufmerksam gemacht. Trotz aller Mühen und unermüdlichem nächtelangem Einsatz konnte dieser McDonalds nicht verhindert werden. Lintzmeyers haben dabei wirklich alle Ebenen ausgeschöpft – angefangen von Schreiben an die verschiedenen Behörden über Schreiben an Politiker, eine Eingabe an den Bayerischen Landtag bis hin zur Einreichung einer Klage als letzte Hoffnung (zusammen mit dem BN und einigen wenigen anderen Irschenbergern). Doch die Klage wurde nicht zugelassen und McDonalds wird inzwischen gebaut.
Lintzmeyers scheuen keine Mühen und Kosten – und sie tun es völlig selbstlos und aus innerster Überzeugung. Sie lassen sich nicht entmutigen durch Niederlagen und bleiben dabei immer fair, freundlich und sachlich – aufrecht und menschlich. Anneliese und Klaus Lintzmeyer sind keine „notorischen Spinner“, sondern eine „normale“ Familie und bringen dieses ganze Engagement ehrenamtlich neben ihrer vollen Berufstätigkeit auf.

Der „Dank“ für diese beispielhaften Bemühungen zum Schutz der Landschaft und der Heimat waren bei „McDonalds am Irschenberg“ Unverständnis und sogar persönliche Beleidigungen bis hin zu Morddrohungen von den eigenen Mitbürgern Irschenbergs. Doch der Dank für ein derartiges Engagement ist auch die Natur selbst, die Tatsache, doch so einige der schlimmsten Entwicklungen verhindert zu haben (wie an der Rotwand) und wohl auch die Hoffnung. dass irgendwann doch die Vernunft und Einsicht für Naturschutz über die Ignoranz mancher Entscheidungsträger siegt.
„Viele Auseinandersetzungen um den Naturschutz wurden schon verloren, doch wir wissen nicht, wie viele Niederlagen uns noch erlaubt sind. Das Bloch’sche Prinzip Hoffnung gilt noch, …“ (aus der Veröffentlichung Lintzmeyers zur Rotwand 1996).

Und ein klein bisschen Entschädigung für die vielen Auseinandersetzungen soll auch dieser Preis sein. Verbunden mit dem Wunsch, dass in unserer heutigen Gesellschaft noch viel mehr Menschen dem Beispiel und aufrechten Handeln der Familie Lintzmeyer folgen – nicht nur im Natur- und Landschaftsschutz.

Ich danken Ihnen!

 

Weitere Informationen:

Festakt

Reden von Anneliese und Dr. Klaus Lintzmeyer

Ankündigung und Begründung der Preisverleihung

Begrüßung

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